Amazonas Television Kanal 13

Seit einigen Jahren ist der zunehmende Tourismus in Rurrenabaque ein Problem für die geschützten Regionen. Dabei sind nicht die Besucherzahlen das problematische sondern die meist gedankenlose Ausbeutung vorhandener Ressourcen durch die Veranstalter. Wie schlimm es wirklich um den Ökotourismus bestellt, ist beweist das folgende Projekt.

Carmen Allgöver und der Direktor der Tourismusbehörde Rurrenabaque haben uns um Unterstützung im Rahmen einer Sensibilisierungs- und Aufklärungskampagne gebeten. Vor allem die lokale Bevölkerung soll mehr für den Schutz ihrer einzigartigen Flora und Fauna motiviert werden. Es ist schließlich ihr Land, die Zukunft ihrer Kinder und meistens auch ihr Einkommen, welches vom Tourismus abhängt. Der erste Teil des Konzepts umfasst ein Aufklärungsvideo und dessen Ausstrahlung im Fernsehen.

Wir erwarten die üblichen "Heile-Welt -Bilder" der Tourismuswerbespots und starren einige Minuten später ungläubig auf den Bildschirm:

Man offeriert uns ein halbfertiges Video, schlimmer kann es nicht kommen!! Jagdszenen und Fotos wie im Hollywoodfilm. Allerdings nicht auf der Kinoleinwand, gedreht in irgendeinem Studio dieser Welt. Nein. Das hier ist die Realität! Film und Fotomaterial gedreht von Rucksacktouristen und heimlich kopiert in einem Internetcafe von einer Hand voll mutiger Menschen, die ein wirkliches Interesse am Schutz und Erhalt ihrer Natur haben.

Gegen Bezahlung scheint hier alles möglich. Da sind Fotos vom martialisch ausgerüsteten Touristen mit Gewehren und Macheten. Sie machen Jagd auf alles was sich im Nationalpark bewegt. Sämtliche Regeln der Schutzgebiete werden gebrochen. Tierjagd aus lauter Freude am Töten - in einem Nationalpark. Besonders makaber ist das Posieren mit den geschossenen Tieren. Affenköpfe werden triumphierend in die Kamera gehalten, daneben die blutige Zunge des Jägers vom letzten "Kuss". Auf anderen Bildern präsentiert man die toten Tiere mit Gewehr in den Pfoten. Wildtiere werden gefüttert für gute Fotomöglichkeiten. Für den nächsten Wilderer oder Tierhändler sind sie eine leichte Beute. Alligatoren, Kaimane, Schlangen fängt und knebelt man, damit gedankenlose Touristen zu Hause ihre Tierabenteuer vorzeigen können. Die Aufzählung könnte endlos fortgesetzt werden. Auf Deutschland übertragen entsprächen die Fakten Luxjagden im Nationalpark Sächsische Schweiz, Speedbootfahrten im Vogelbrutgebiet usw.

Sofort sind wir uns einig, dieser Trailer muss ins Fernsehen. Die Menschen hier sollen wissen, welche Guides, Agenturen und Touristengruppen auf illegale Jagdexpeditionen gehen.

Wir unterstützen das Gesamtprojekt mit 1.000 Dollar, ohne dieses Geld sind Produktion und eine Ausstrahlung für die Dauer von acht Wochen, vier mal täglich, undenkbar. Komplettiert wird das Projekt durch entsprechendes Printmaterial. Schon auf dem Flughafen soll in Zukunft jeder Tourist über Regeln der Schutzgebiete, legale und illegale Tourprogramme aufgeklärt werden. Die meisten denken nicht weiter darüber nach, wenn die ganze Nacht ein Generator im Dschungelcamp lärmt für eine Glühbirne, Bootsführer 30 Minuten lang auf der Stelle im Kreis fahren wegen der Delphine und dabei regenbogenfarbene Schlieren auf der Wasseroberfläche hinterlassen, wenn Berge von Plastikflaschen die Ufer der Biotope zieren und finden das Füttern und Fangen von Tieren fürs Foto soooo süüüüß.

Es gibt auch ein paar Agenturen, die wirklich ökologisch arbeiten - aber leider erfahren das die Touristen bisher nicht.

Am Ende des Spots ist unser Vereinslogo und unser Vereinsname in deutsch und in spanisch zu sehen. Als einziger! Das Bürgermeisteramt hatte gebeten nicht namentlich genannt zu werden, aus Angst vor Repressalien der geouteten Guides und Agenturen…

Etwas unwohl ist uns schon, gestern war der erste Sendetag. Eine erste Reaktion heut in der Schreinergruppe Rhema. 30 Minuten bedankt man sich (jeder natürlich einzeln) für unsere Arbeit und unseren Mut… Schön…! Trotzdem laufen wir jetzt mit wachsameren Augen durchs Dorf. Das Video hat seine Wirkung nicht verfehlt.